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Humor im Heilungsprozess

Humor ist eine wunderbare Heilkraft, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt in einem Heilungsprozess aufleuchtet. Manchmal geraten Kabinettstückchen zu unfassbarer Komik, die bisweilen meine Praxis zu einer Kleinkunstbühne werden lässt. Humortherapie ist inzwischen eine anerkannte Heilmethode, die aber nur fruchtet, wenn man blitzartig wechseln kann zwischen Ernst der Lage und der Heiterkeit einer Situation. Dazu ein köstliches Beispiel aus meiner Praxis:


Patientin mit Bronchialkarzinom

Am 23.8. 2003 kommt ein roter, hitzköpfiger, kleiner dicker Mann, im Schlepptau ein verschrumpeltes Mütterlein Baujahr 1930, grau, mit verängstigtem Blick, das völlig in sich zusammen gesunken ist, keinen Piepser sprechen kann und nach Luft ringt, in die Praxis. Sie hängt nach unten gebeugt an der Hand ihres Mannes und schaut nur zu Boden. Obgleich sie die Patientin ist, nimmt der kleine Dicke das Heft in die Hand und erzählt hitzig, verärgert und zugleich ängstlich, was seine Frau alles hat, wie mühsam sie ist und welche Probleme sie ihm seit 45 Jahren beschert. Spricht sie doch nie und scheint dumm zu sein, alles zu schlucken – und jetzt das noch:

1 kalter und 1 heißer Knoten an der Schilddrüse
Bronchialkarzinom
Lungenmetastasen
Gegen alles und jedes allergisch
Schwere Herzprobleme (hatte schon 2 Infarkte)
Alle Gelenke tun schrecklich weh
Schwere Depressionen
Neigung zu Knochenbrüchen
Fuß- und Nagelpilz

„Ich frag´ Sie, Frau Sonnenschmidt, was mach ich mit so ´ner Frau?“ Er schaut unlustig auf das Bündel Menschlein neben sich. Frau M. ist sehr kachektisch. Ich frage sie etwas, sie schaut nur stumm herum und schuldbewusst in Richtung Mann.
„Wissense, ich bin ja auch schwer krank, die Drüse und so. Herzschrittmacher hab ich auch. Und jetzt das mit der Frau. Das ist zu viel! Unser Hausarzt sagt, da kann man nichts mehr machen. Ist alles so weit fortgeschritten“, klagt Herr M.
Ich kann den Mann nur mit Mühe dazu bringen, den Mund mal zu halten. Mein innerer Neandertaler mit Keule wurde schon aktiv….
Ja, was tun mit der Frau? Ich schweige und lasse sie einfach auf mich wirken. Da stiehlt sich ein Geistesblitz in den Gedankennebel.

„Frau M, haben Sie mal Todesangst gehabt?“
Sie nickt und schaut mich plötzlich sehr wach an.
„Haben Sie als Kind viel Todesangst im Krieg gehabt?“
„Oh ja, ja, ja, jede Nacht, immer die Bomben, ich hab keine Luft mehr gekriegt. Und alle die Toten…“, bricht es aus dem Mütterlein hervor, ganz so, als sei gerade eine Bombe eingeschlagen.
„Ja, dann verstehe ich auch, warum Sie jetzt so schwer krank sind. Wollen wir es gemeinsam versuchen, diese alten Erfahrungen loszulassen, damit Sie wieder Luft bekommen?“
Frau M. nickt und ringt nach Luft vor emotionaler Aufwallung.
Ich verordne ihr ein paar einfache Abgrenzungsübungen (vor allem ihrem Mann gegenüber) und Thuja D6 und Q30. Als ich ihr sage, dass dies der Lebensbaum ist, strahlt Frau M. und krächzt: „Fein, ich hab Thujas im Garten – so schöne Bäume!“

Am 20.9.2003 ruft Frau M. an:
„Ich kann singen. Das Sprechen fällt mir noch etwas schwer. Es geht mir wunderbar. Jetzt habe ich mal ordentlich meinem Mann die Meinung gesagt. Der hat sich ganz schön gewundert. Von wegen, dumm! Ich krieg ja alles mit. Die Brustschmerzen sind weg, das Herzrasen auch. Ich fühle mich zum ersten Mal so stark. Ich habe 6 Kilo zugenommen.“
Das alles erzählt sie ohne Stocken mit klarer, fester Stimme.
„Na, Sie sind aber ganz schön selbstbewusst geworden!“
„Ja, das stimmt. Ich setze meinem Mann Grenzen, und das tut uns beiden gut. Ach ja, ich habe jetzt eine richtige Erkältung. Soll ich mich mal vorsichtshalber impfen lassen oder was beim Doktor holen?“
„Um Himmels willen! Ist doch gut, dass alles rauskommt. Es könnte nicht besser sein! Sie können sich eine einfache Krankheit leisten.“
„Aha, na dann…“.
Ich verordne Phosphor C30 und Bacillinum C30.

Am 4.11. 2003 kommt Frau M. in die Praxis:
Strahlend, mit rosigen Wangen, aufrecht, kommunikativ – ich kann den Wandel nicht fassen.
„Ich gehe ja jetzt zum ersten Mal selber zum Doktor oder zu Ihnen. Meinen Mann habe ich zuhause gelassen, denn es geht ja um mich. Hier, gucken Sie mal: Das sind die Untersuchungsergebnisse von der Klinik. Der Arzt hat mich beglückwünscht, weil nichts mehr auf der Lunge und in den Bronchien zu sehen ist. Auch die Metastasen sind weg und die Tumormarker. Auch das Markumar brauche ich nicht mehr. Ich habe ihm gesagt, wie ich behandelt worden bin. Da hat er gestaunt und gesagt: Dann bleiben Sie mal dabei. Es gibt eben noch Wunder.
Ich konnte Frau M. überzeugen, dass wir auf Nummer Sicher gehen. So bekam sie noch bis zum Jahresende Spongia D4, damit der Atemtrakt noch gründlicher ausheilte und zur Abrundung eine Gabe Sulfur C200. Noch vor Weihnachten bekam ich einen Anruf:
“Ja, wissen Sie, ich bin wieder jung geworden. Wie Sie gesagt haben, kriegte ich Pickel mit Jucken. Nach vier Tagen war das alles weg. Es geht mir super gut.“

Inzwischen fügte es sich, dass ich den netten Internisten kennenlernte, der Frau M. über lange Zeit konventionell behandelt hatte. Seine Worte waren:
„Wenn diese Frau etwas geheilt hat, dann war es die unfassbare Grenzüberschreitung, nach 45 Ehejahren dem Mann Grenzen zu setzen, Eigenverantwortung zu übernehmen und selbstbewusst zu werden. Ich habe jetzt zum ersten Mal bewusst erlebt, wie die Übungen die Wirkung der homöopathischen Mittel verstärken.“

Dieses Erlebnis bestärkte mich in meiner Auffassung, dass Wandlung, Umkehr, neue Wege zu gehen, ja, überhaupt in die Tat zu gehen nicht vom Alter abhängig ist. Ich gestehe, dass ich dieser Frau keine solche Wandlung zugetraut hätte, denn sie erschien wie ein Häuflein Elend, willenlos, unterdrückt, resigniert. Sie lehrte mich, noch offener für das Mögliche zu sein.
Bis heute ist Frau M. gesundheitlich stabil, unternahm mit drei Freundinnen erstmalig in ihrem Leben eine Reise nach Italien und fasste das Wundersame ihrer Heilung pragmatisch mit den Worten zusammen:
„Wissense, ich hab gar keine Zeit mehr für Krankheit. Jetzt ist was Fröhliches dran.“

Zwei Jahre vergehen. Da ruft eine Dame an, sie möchte einen Termin für ihren Mann. Ich erkläre ihr, dass ich nur Patienten behandle, die sich selber um eine ganzheitliche Therapie bemühen und mich anrufen.

„Tja, mein Mann ist total am Ende, hatte einen Zusammenbruch und er kann nicht mehr so gut sprechen. Der will aber unbedingt zu Ihnen.“
Ich traute meinen Augen nicht: Da kam eine ältere resolute Dame und zerrte an ihrer Hand ein kleines dickes rotgesichtiges Männlein. Die beiden kamen mir bekannt vor. Ja, tatsächlich, das waren die beiden von damals.
„Also wissense, das mit meinem Mann ist schon eine Last. Seit 2 Jahren lässt er sich hängen und jetzt schon wieder die Drüse und’s Herz.“

Das Blatt hatte sich im Leben dieser beiden wohl zu schnell gewendet. Deshalb bat ich die Dame, ins Wartezimmer zu gehen und wandte mich dem Patienten zu:
„Nachdem Ihre Frau so vital und stark geworden ist, haben Sie das Gefühl, ihr unterlegen zu sein und deshalb aufgegeben?“
„Ja, nein, wie soll ich sagen, es ist ja gut, dass sie endlich gesund geworden ist. Aber ich bin es nicht gewohnt. Sie war immer still und seit sie bei Ihnen die Kügelchen bekommen hat, ist sie aufmüpfig. Nicht einfach für mich, die ganze Sache.“
„Das verstehe ich. Wären Sie denn bereit, Ihre männliche Kraft mal in Hochform zu bringen? Ihre Frau will ja einen starken Mann an ihrer Seite.“ Herr M. schaut mich fragend an, dann: „Meinen Sie in meinem Alter? Das geht doch gar nicht. Da geht bei mir nix mehr…“

„Ich gebe Ihnen eine schöne Hausaufgabe. Sie umrunden jeden Tag Ihr Haus und Ihren Garten und spüren, ob Ihre Reviergrenze wirklich sicher ist. Wenn nicht, pinkeln Sie mental…“
Herr M. bricht in schallendes Gelächter aus und ringt nach Luft, dann: „Das ist ja der Hammer! Wie‘ n Hund, Bein heben und…?“
„Das Bein darf unten bleiben, sonst gucken die Nachbarn vielleicht etwas komisch. Aber Sie sind der Mann und der Mann hat ein Revier und das muss gesichert werden, mit dem Urin. Nur halten Sie den Strahl mental an die Schwachstelle der Reviergrenze. Klar?“
„Klar, aber so was von klar. Mach ich, ist aber wirklich komisch.“
Herr M. bekommt zunächst kein Mittel, sondern nur diese wichtige Übung. Er verlässt lachend die Praxis. Draußen seine Frau, die mit lacht und mich fragend anschaut: „Was haben Sie denn mit meinem Mann gemacht? Der lacht doch schon seit Monaten nicht mehr.“
„Psst, ist ein Geheimnis!“

Nach 10 Tagen ruft Herr M. an: „Sie, das ist ja eine dolle Übung. Es gab tatsächlich viele Lücken in dem, naja, Zaun, im Revier. Ich fühle mich sehr viel stärker und hab nun meiner „Mutti“ auch mal Grenzen gesetzt. Das hat ihr gut getan.“ Nach weiteren 2 Wochen kommt das Ehepaar in die Praxis. Beide strahlen, gehen aufrecht und jeder bestätigt, dass auch das Alter seine Schönheiten hat und sie viel gemeinsam unternehmen. Jetzt waren die Energien ausgeglichen. Ein schönes Beispiel für alte Beziehungen!


Literaturhinweis

Sonnenschmidt, R.: Humor-Therapie. Narayana Verlag

Sonnenschmidt, R.: Heilkunst und Humor. Homöopathie&Symbol Verlag

 

von Rosina Sonnenschmidt

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